Stell dir vor, du könntest den Schmerz deiner Patienten nicht nur lindern, sondern ihnen auch ein Stück Lebensqualität zurückgeben. Als Pain Nurse oder Pain Care Manager hast du genau diese Möglichkeit. Schmerz ist mehr als ein unangenehmes Gefühl – die Weltschmerzorganisation (IASP = International Association for the Study of Pain) definiert ihn als komplexes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das durch das Nervensystem verarbeitet wird. Er ist ein Warnsignal unseres Körpers, das auf eine tatsächliche oder drohende Schädigung hinweist. Doch wie kann man diesen Schmerz effektiv managen?
Schmerz in Deutschland: Eine schmerzliche Realität
Fast jeder kennt Schmerz aus persönlicher Erfahrung – sei es der gestoßene kleine Zeh oder der Kratzer von der Katze. Doch für manche wird der Schmerz zu einem dauerhaften Begleiter. In einer Studie gaben nahezu 33 % der Teilnehmer in Deutschland an, unter chronischen Schmerzen zu leiden. Diese können das physische, psychische und soziale Wohlbefinden stark beeinflussen und, wenn nicht richtig behandelt, zu langfristigen Beeinträchtigungen führen.
Relevanz für die Pflege: Das Leiden verstehen und behandeln
Als Pain Nurse spielst du eine Schlüsselrolle in der Schmerzbewältigung. Du bist oft die erste Anlaufstelle für Patienten und hast die Aufgabe, ihre Schmerzen regelmäßig zu erfassen und zu dokumentieren. Denn Schmerzen können nur dann effektiv gelindert werden, wenn sie bekannt und verstanden werden. Doch Vorsicht: Nicht jeder Schmerz wird laut geäußert. Einige Patienten scheuen sich, ihre Schmerzen zu kommunizieren. Hier ist dein Fingerspitzengefühl gefragt!
Aktuelles aus der Pflege: Die Rolle der Pain Nurse
Eine Studie zeigte, dass in 70,6 % der befragten Krankenhäuser pflegerische Schmerzexperten beschäftigt sind. Ihre Hauptaufgaben umfassen die Betreuung von Patienten mit invasiver Schmerztherapie und die Bearbeitung komplexer Schmerzprobleme. Doch ihre Rolle endet hier nicht. Sie sind auch verantwortlich für die Schulung von Kollegen und die Einführung und Umsetzung des Expertenstandards Schmerzmanagement.
Expertenstandard Schmerzmanagement: Die Kunst der Schmerzlinderung
Im Jahr 2020 wurde der Expertenstandard “Schmerzmanagement in der Pflege” aktualisiert, um eine einheitliche und effektive Schmerzbehandlung zu gewährleisten. Dieser Standard integriert Erkenntnisse aus nationalen und internationalen Leitlinien, Studien und dem Feedback von Fachexperten. Er bildet die Grundlage für ein qualifiziertes Schmerzmanagement und stellt sicher, dass die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden.
Pain Management Nurse und interdisziplinäre Zusammenarbeit: Das Fundament effektiver Schmerztherapie
Als Pain Management Nurse arbeitest du eng mit Ärzten, Therapeuten und dem Pflegeteam zusammen, um eine umfassende und kohärente Schmerzbehandlung zu gewährleisten. Dein tiefgreifendes Verständnis von Schmerzphysiologie und -management befähigt dich, komplexe Fälle zu bewältigen und als Anlaufstelle für deine Kollegen zu dienen. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz, der nicht nur den physischen, sondern auch den psychologischen und sozialen Aspekt des Schmerzes adressiert. Die gemeinsame Arbeit im Team fördert den Austausch von Wissen und Erfahrungen und trägt zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Schmerztherapie bei.
Schmerzassessment: Der Dreh- und Angelpunkt im Schmerzmanagement
“Schmerz ist das, was der Betroffene über die Schmerzen mitteilt, er ist vorhanden, wenn der Betroffene sagt, dass er Schmerzen hat“ (McCaffery, 1986). Da Schmerz ein subjektives Empfinden ist, das von außen kaum oder gar nicht gemessen werden kann, werden Schmerzen vorrangig durch Selbsterfassungsinstrumente erfasst. Das Schmerzmanagement beginnt mit der Schmerzerfassung beim ersten Kontakt, dem Screening. Zu den Selbsterfassungsinstrumenten gehören:
- NRS (Numerische Rating Skala): Eine elfstufige Skala von 0 bis 10, wobei 0 keine Schmerzen und 10 die stärksten subjektiv vorstellbaren Schmerzen bedeutet.
- VAS (Visuelle Analogskala): Eine Farbskala, die Werte von 0 bis 10 durch den Farbverlauf darstellt, z. B. von grün bis rot.
- VRS (Verbale Rating Skala): Eine Skala mit den jeweiligen Werten entsprechenden Beschreibungen, z. B. „Kein Schmerz“, „Mäßiger Schmerz“ und „Stärkster Schmerz“.
- Faces Pain Scale (Gesichterskala): Eine Skala, die Gesichtsausdrücke zur numerischen Bewertung verwendet, oft bei Kindern eingesetzt.
Patienten mit chronischen Schmerzen wird empfohlen, ein Schmerztagebuch zu führen, in dem das Befinden, die Schmerzstärke, Lokalisation, mögliche Auslöser der Schmerzen notiert werden. Auch bei Schmerzfreiheit ist es wichtig, Patienten regelmäßig nach Schmerzen zu befragen.
Für Personen, die sich selbst nur schwer äußern können, wie z. B. bei Demenz, müssen spezielle Schmerzassessmentinstrumente genutzt werden. Diese ermöglichen eine Erfassung „von außen“, also eine Fremderfassung. Dazu gehören Instrumente für Kinder (NIPS und KUSS für Kleinkinder, FPS-R ab ~3-7 Jahren), Menschen mit kognitiven Einschränkungen (BESD, BISAD) und Menschen unter invasiver Beatmung (ZOPA, BPS).
Aufmerksame Beobachtung und initiales Schmerzassessment
Im Umgang mit den Patienten ist deine aufmerksame Beobachtung sehr wichtig, um Veränderungen schnell zu bemerken. Achte auf den Gesichtsausdruck, mögliche neue Mimiken, Lautäußerungen wie Stöhnen oder Schreien, ungewöhnliche Körperhaltungen und Bewegungen, Veränderungen im Sozialverhalten, das Essverhalten und den Appetit sowie die mentale Verfassung.
Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen akuten und chronischen Schmerzen, bei chronischen Schmerzen nach stabiler oder instabiler Schmerzsituation. Ein differenziertes Schmerzassessment, beispielsweise mit dem Brief Pain Inventory (BPI), erfasst Schmerzintensität, -beginn, -frequenz, -dauer, -lokalisation, -qualität, schmerzauslösende/-verstärkende Faktoren, lindernde Faktoren und die Auswirkungen des Schmerzes auf Alltag, Schlaf und Aktivitäten.
Die Bedeutung von Empathie und Kommunikation
Als Pain Nurse ist deine Fähigkeit zur Empathie und effektiven Kommunikation unerlässlich. Du musst in der Lage sein, dich in die Situation deiner Patienten hineinzuversetzen und eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Die Art und Weise, wie du kommunizierst – sei es durch Worte, Körpersprache oder Zuhören – kann einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Schmerzwahrnehmung der Patienten haben. Eine offene und unterstützende Kommunikation fördert das Verständnis und die Kooperation, was wesentlich für eine erfolgreiche Schmerztherapie ist.
Kontinuierliche Weiterbildung: Bleib am Puls der Zeit
Das Feld des Schmerzmanagements ist dynamisch und entwickelt sich stetig weiter. Als Pain Nurse ist es daher entscheidend, dass du dich kontinuierlich weiterbildest. Dies umfasst nicht nur die Teilnahme an Weiterbildungen und Workshops, sondern auch das Lesen von Fachliteratur, den Austausch mit Kollegen und die Teilnahme an Fachkongressen. Durch die ständige Weiterbildung kannst du sicherstellen, dass deine Praktiken auf dem neuesten Stand der Wissenschaft sind und du deinen Patienten die bestmögliche Betreuung bietest.
Fazit: Ein Beruf, der Wissen und Mitgefühl vereint
Als Pain Nurse oder Pain Care Manager leistest du täglich bemerkenswerte Arbeit, indem du deinen Patienten nicht nur Linderung verschaffst, sondern auch Trost und Hoffnung spendest. Diese verantwortungsvolle Aufgabe erfordert nicht nur Fachwissen und technische Fertigkeiten, sondern auch ein hohes Maß an Hingabe, Mitgefühl und Ausdauer. Die stetige Aneignung von Wissen über Schmerzassessmentinstrumente und Schmerzmanagement-Techniken ist entscheidend, um den Patienten die bestmögliche Betreuung zu bieten. Deine Hingabe und dein Engagement als Pain Nurse verdienen größte Anerkennung und Respekt.
Das Berufsfeld der Pain Nurse ist facettenreich und lebensverändernd. Wir möchten auch die unermessliche Wertschätzung für die Menschen zum Ausdruck bringen, die sich täglich dieser anspruchsvollen und zugleich so wertvollen Aufgabe widmen. Euer unermüdlicher Einsatz und tiefe Empathie machen die Welt jeden Tag ein wenig besser.
Der Kern dieses Artikels basiert auf Informationen unseres Partners Novaheal. Novaheal ist die beliebteste Lernapp für die Pflege und wurde speziell für Pflege-Azubis entwickelt. Entdecke die umfassende Lernbibliothek und die hilfreichen Funktionen hier. Du kannst dich für einen Testzeitraum kostenlos registrieren.